Schlimmer als ein Goldfisch.
Wir Menschen sind schlimmer als ein Goldfisch.
Warum?
Weil wir im Internet eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne als ein Goldfisch haben – und zwar nur 8 Sekunden.
Du hast nur 8 Sekunden, um den Leser in deinen Text zu locken.
Deshalb sollte deine Überschrift sitzen wie die Frisur von George Clooney.
Doch wie geht es weiter?
Ich denke, du kennst es aus eigener Erfahrung: Kaum ein Blogartikel wird bis zum Ende gelesen. Die meisten schaffen es nicht einmal bis zur Mitte.
Wenn es dir nur um Klicks geht, dann ist dir natürlich egal, ob dein Text gelesen wird oder nicht.
Doch wenn du ein smarter Blogger bist, dann möchtest du die Leser in deinen Bann ziehen. Du möchtest eine Beziehung zu deinem Publikum aufbauen und du möchtest aktive Leser.
Wenn deine Leser aber nicht bis zum Ende lesen, dann …
Die große Frage lautet also: Wie bekomme ich meine Leser dazu, dass sie bis zum Ende lesen? Oder wenigstens bis zum Ende scannen?
Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich ein paar Löcher stopfen. Löcher, durch die dir Leser verloren gehen. Schlechte Blogartikel haben davon so viele, dass sie schon ein Sieb sind.
Was sind das für Löcher? Passagen, die den Leser aus dem Text kicken. Schauen wir uns die bekanntesten Löcher an:
Wie spannend ist ein Krimi, wenn man schon den Mörder kennt? Wie spannend ist eine Liebesgeschichte, wenn man weiß, dass sie am Ende doch heiraten?
Bei vielen Blogartikeln ist das leider so. Der Leser weiß schon was gleich kommt. Er weiß, worauf du hinaus willst und er kennt deine Wortwahl schon.
Andere Blogger machen es noch besser und verraten den Mörder direkt am Anfang.
Ändere dich. Gehe neue Wege. Traue dich, neue Wörter auszuprobieren. Oder probier einen komplett neuen Blogartikel-Stil.
Wenn du abgenudelte Phrasen und Sprichwörter nimmst, dann zerrst du den Leser praktisch an den Haaren aus deinem Text.
Ich kann es nicht oft genug sagen: Vermeide Formulierungen wie „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, „die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren“, „es wird fieberhaft gesucht“ und „er kennt die Stadt wie seine Westentasche“. (Mal im Ernst: Wer hat heute noch eine Westentasche?)
Diese Formulierungen sind so ausgelutscht wie ein Trinkpäckchen, an dem sechs durstige Kamele gesaugt haben. Lass sie entweder ganz weg, oder verzerre sie so sehr, dass sie wieder neu und lustig sind.
Einige Blogs sind so persönlich, dass sich der Leser darin nicht wiederfindet. Jeder Satz beginnt mit ich, mein und mir.
Irgendwann hat der Leser davon einfach die Schnauze voll. Wenn immer nur du und dein „ach so spannendendes Leben“ im Mittelpunkt sind und nicht der Leser, dann geht er einfach. Und zwar schnell.
Bli-bla-blub-Texte hassen alle.
Aber trotzdem werden sie immer wieder geschrieben. Jeder Text hat im ersten Entwurf zahlreiche Wörter, die man einfach weglassen kann. Sie sind einfach nur heiße Luft. Selbstverständlichkeiten, Binsenweisheiten und langatmige Ausführungen.
Jeder Text kann gekürzt werden. Jeder Text muss gekürzt werden. Jeder.
Wenn der Leser dir nicht folgen kann, dann steigt er aus. Klick – und weg ist er. Vielleicht für immer.
Deine Artikel-Struktur sollte deshalb einfach, klar und nahtlos sein. Ich wiederhole: Einfach, klar und nahtlos.
Darum sind List Posts auch so beliebt: Sie geben Struktur.
So, diese Löcher wären gestopft.
Und nun zum Knackpunkt:
Wenn du die folgenden fünf Tricks anwendest, dann werden deine Leser deine Texte nicht nur länger lesen, sondern sie werden sie lieben.
Hast du die Serie “Breaking Bad” geguckt? Oder irgendeine andere erfolgreiche Serie? Sie alle verwenden ein Element, das sie erfolgreich macht: den Cliffhanger.
Ein Cliffhanger ist ein einfaches, aber sehr effektives Element, um Leser im Text zu halten. Wie?
Du hörst einfach an der spannendsten Stelle auf.
Du sollst nicht deinen Blogartikel an der spannendsten Stelle beenden, sondern zum Beispiel den Absatz.
„Männer sind alle gleich. Sie alle verbindet eine Sache. Tief in ihrem Herzen lenkt diese Idee ihr Handeln und ihren Charakter…“
Hier verrätst du allerdings noch nicht, was diese eine Sache ist. Stattdessen machst du ein neues Fass auf und steigerst die Spannung.
Den nächsten Absatz kannst du auch wieder mit einem Cliffhanger beenden und noch mehr Spannung aufbauen.
Am Ende löst du dann die Frage auf.
Aber Achtung: Übertreibe es nicht!
P.S. Du kannst einen Cliffhanger in deinen ersten Satz einbauen.
Einer der häufigsten Schreibtipps, um seine Leser zu binden, ist wahrscheinlich: Stelle eine Frage.
Viele machen das auch – leider.
Warum leider? Weil die Frage oft einfach zu beantworten ist. Das ist langweilig.
Stelle eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist. Stelle eine Frage, die sich dein Publikum wirklich stellt.
Dafür musst du dein Publikum kennen. Gute Methoden dafür sind:
Nur, wenn du dein Publikum kennst, dann kannst du auch spannende Fragen stellen, die deine Leser interessieren.
Und hör auf banale Fragen zu stellen.
Viele List Posts sind banal, platt und oberflächlich.
Aber nicht alle.
Eine Möglichkeit, um deine Liste spannender und nicht so banal zu machen: Gib den Kindern neue Namen. Gib deinen Punkten in der Liste einen spannenden Namen.
Zum Beispiel: Nehmen wir an es geht um das Schreiben. Dann kannst du natürlich einen Punkt „Übung macht den Meister“ nennen. Natürlich hast du Recht. Aber es langweilt den Leser wie eine Vorlesung über Rechtsgeschichte.
Besser: „Wo sind deine 10.000 Stunden?“. Eine Studie hat erwiesen, dass man 10.000 Stunden Übung braucht, um etwas zu meistern. Zieh das Pferd doch so auf.
Gute Ratschläge bleiben gute Ratschläge. Deshalb kannst du nicht immer etwas Neues erfinden. Aber du kannst es neu verpacken 😉
Ich lese nicht zu Ende, wenn es mich nicht interessiert. Wann ist das der Fall? Wenn der Konflikt im Text mich nichts angeht.
„Romeo und Julia können nicht zusammen sein“. Wenn ich diesen Konflikt nicht nachvollziehen kann, dann steige ich aus.
Genauso sollte dein Blogartikel einen Konflikt haben, der den Leser beschäftigt:
Hier musst du wieder dein Publikum kennen. Du musst ihre Probleme, Konflikte und Wünsche kennen.
Sprich die Konflikte an. Das funktioniert. Einen Beweis gefällig?
Nimm einfach jede Überschrift einer Frauenzeitschrift: „Wie bekomme ich eine Strandfigur in nur 6 Wochen?“. „Wie koche ich für eine fünfköpfige Familie, ohne den ganzen Tag zu opfern?“.
Das sind Wünsche vieler Frauen. Das gleiche zieht auch bei Männern, bloß mit „Sixpack“, „mehr Gehalt“ und „Autotipps“.
Kenne die Konflikte deiner Leser. Sprich sie an. Und noch wichtiger: Löse sie.
Auf der Suche nach einer Lösung, lesen Menschen immer zu Ende.
Sei frisch. Sei überraschend. Verändere dich und gehe neue Wege. Trau dich und lass die Finger von eingestaubten Sätzen.
Verwende lieber die fünf einfachen Tricks, die ich dir hier genannt habe und begeistere deine Leser.
Welche Elemente benutzt du, um deine Leser zu binden?
56 Kommentare
Bis dahin freue ich mich auf viele weitere so anschaulich beschriebene Beispiele aus der Praxis.
ich bin mir nicht sicher, ob Walter die Kommentare so stark auf dem Schirm hat. Aber ein Danke bekommst du von mir! :)
wiedermal vielen Dank für die hilfreichen Tipps.
Zu "3. Die Frage" habe ich eine Frage..
Ich bräuchte da noch einen Hinweis in welcher Form die Frage gestellt werden soll: Eher einen Art Umfrage oder wirklich gezielt Fragen im Blogartikel selbst?
Für eine Beispiel bin ich euch dankbar:)
Grüße,
Yvonne
Mit Frage meine ich eine direkte Frage im Text, die den Leser wirklich beschäftigt und die er nicht sofort beantworten kann.
Beispiel:
Wie kann man mit Bloggen Geld verdienen, ohne seine Mutter zu blamieren?
Wie backt man einen Kuchen, ohne die Küche zu versauen?
Kann man als Angestellter nur 30 Stunden arbeiten und trotzdem gut bezahlt werden?
Alles Fragen, die man nicht auf Anhieb beantworten kann. So etwas meine ich. Du musst wirklich dein Publikum kennen, um die passenden Fragen zu stellen. Meist sind es Fragen, die du dir auch stellst ;)
LG, Walter
Das war ein richtig gutes Ding.
Dein Schreibstil ist richtig gut Walter, gefällt mir. Dein Blog war bis eben noch garnicht in meinem RSS-Feed.
Eine schöne Liste, auf die man gut zurückgreifen kann.
Liebe Grüße von LBN
Dennis
was für ein toller Artikel, vielen Dank dafür! Ich werde die Tipps sofort ausprobieren, viele davon kannte ich noch gar nicht.
Liebe Grüße
Daniela
Toller Artikel, wie immer ;-)
Das mit der Pyramide werde ich demnächst ausprobieren. Von dir und Vladi kann man noch so viel lernen. Danke für eure Arbeit!
Ich versuche auch so oft wie mögich "create, connect & consume" umzusetzen.
LG,
melli!
Andere sind da etwas gnadenloser.
Ich habe viele Punkte aus dem Artikel "mitgenommen". Insbesondere die Punkte "Kürzen" und "Der Mörder ist immer der Gärtner" werde ich Zukunft mehr beherzigen.
Ciao, ciao,
Giuseppe
Gruß Florian
super Artikel. Ich bin jetzt nur am Überlegen, ob ich es schaffe, die wirklich genialen Tipps umzusetzen, oder mit dem Schreiben aufhöre. ;-)
Alles Liebe
Birgit
Warum mache ich mir hier die Mühe, helfe und motivere hier, damit du aufhörst??!?!?!
:D
Bleib dran. Wenn du gesehen hast, wie viele Dinge du noch falsch machst, dann ist das doch gut. Arbeite einen Punkt nach dem anderen ab.
Geduld und Mut.
Lass es mich wissen, wie deine Entscheidung ausfällt ;)
LG, Walter
Mir fehlt noch die Auflösung vom Cliffhanger ;-)
Liebe Grüße,
Alina
Stay Tuned O_0
lieber Vladi,
vielen Dank für den wunderbaren Text.
Werde mir die Punkte zu Herzen nehmen und bei meinen zukünftigen Texten berücksichtigen.
Bin gespannt.
DANKE
Alles Liebe,
Robert
keine Ursache! Kann ich jedem nur empfehlen!
Wollte erst anfangen zu schreiben und dachte : Wie mach ich die Überschrift?
Da fiel mir die mail von heute früh von dir ein...ich las darauf endlich...und ...:-) habe versucht es umzusetzen und gleichzeitig mir treu zu bleiben !
Hat mir geholfen, was ich bei dir gelesen habe....
obwohl es mir egal ist, was andere denken! Trotzdem freut es mich, wenn es nicht langweilig wird beim Schreiben ....mir, und anderen beim Lesen!
Gruß und Segen für deine Arbeit!
Du könntest sicher auch spannende Rechtsgeschichtevorlesungen halten, Walter! :)
Vielen Dank!
wie schön, dich hier wiederzusehen :-) Habe deinen Newsletter schon auf Schreibsuchti abonniert. Der obige Artikel hat mir super gefallen, vor allem sind es mal andere Tipps als das üblich "Geschichten schreiben, Emotionen einbauen, etc." Cool!
Davon werde ich bei meinen nächsten Artikeln ein paar Dinge mit einbauen, vielleicht kommen dann auch mehr Kommentare :-)
Liebe Grüße,
Melanie
danke für diesen wahnsinnig tollen Artikel. Und ja, ich habe ihn auch zuende gelesen und viel dabei gelernt. Der Tipp mit der Pyramide war mir auch noch nicht bekannt. Den bereits angesprochenen Spickzettel würde ich auch nehmen. Ansonsten, bitte mehr Artikel dieser Sorte!
Liebgruß,
Suse
Mehr Artikel dieser Sorte? Ich schau mal, was sich machen lässt ;)
Gut. Richtig gut. So richtig gut, was...
Man muss sich einfach an diese Art des Schreibens gewöhnen und es in die eigene Stimme integrieren. Dann kommt das fast wie von selbst. Fast.
LG, Walter
Machen wir bestimmt...
Vladislav hat eine coole INfografik dazu:
http://www.affenblog.de/blogartikel-schreiben-infografik/
Respekt! Und OK, du hast mich überzeugt. Mein Blog hat den verbalen Frühjahrsputz so dringend nötig wie Romeo seine Julia. Danke!
Hau rein, Ralf.
hi Vladi,
eure beiden Blogs lese ich sehr gerne. Deswegen bin ich auch synchron auf diesen Artikel zwei Mal hingewiesen worden. ;)
Ich versuche immer eure Tipps in mein Schreiben einzubauen und so zu einem immer besseren Blogger zu werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Artikel schon jetzt von 70-80% der Leser bis zum Ende gelesen werden. :)
Einer Sache muss ich jedoch entschieden widersprechen. Ich trage gerne ab und zu eine Weste. Westen sind schick, haben Stil und sind gerade wieder total im kommen. Es geht doch nichts über einen schicken, gut sitzenden, dreiteiligen Anzug! :D
Viele Grüße
Jahn
Cooler Artikel, Walter :)
Viel Erfolg beim Löcher stopfen.
danke für die Erinnerung, weiter an meinem Stil zu arbeiten! Nutzen ist schön und gut, aber ich finde, einem Blogger steht auch der Anspruch ganz gut, angenehm lesbare und gut geschriebene Texte zu produzieren. Auch wenn nicht jeder Germanistik studiert hat: Ich finde, davon dürfte es noch mehr geben :-)
LG, Nils
Ich liebe diese Methode vor allem beim Blogintro und Blogoutro.
Nach nem halben Monat Pause vermisst man dich ja schon!
Gute Tipps, Danke :)
Wenn du mich zu sehr vermisst, dann kannst du mich ja mal anschreiben ;)
Mir gehen deine Kamele mit dem Trinkpäckchen nicht mehr aus dem Kopf :-)
LG, Walter
Was denkst du?